Menschenhandel

Eckdaten zum Thema

Inhaltsverzeichnis

Definition

Eine risikoarme, lukrative Geschäftsform. Die am schnellsten wachsende Branche der organisierten Kriminalität. Für manche die Vergangenheit, für andere die Zukunft. Lebenslanges Trauma. Ein monströses Verbrechen, das im Verborgenen stattfindet und doch so sichtbar ist. Ein globales Unrecht, das den Alltag aller Menschen beeinflusst. Der Handel mit Menschen hat viele Namen und noch mehr Gesichter. Töchter, Cousins, Mütter, Schwestern, Väter und Freunde werden zur Ware gemacht, die nach Belieben besorgt, versendet, geformt, mehrfach ge- und verkauft, benutzt, sowie entsorgt werden kann. Menschenhandel ist nicht eine einzelne Tat, sondern komplexe, vielschichtige Lebensgeschichte.

Die Schweizerische Kriminalprävention SKP schreibt: Menschenhandel ist ein Überbegriff und umfasst verschiedene Formen der Ausbeutung. Gemäss Schweizerischem Strafgesetzbuch Art. 182 werden die folgenden Tätigkeiten als Menschenhandel bezeichnet und unter Strafe gestellt: Menschen anwerben, vermitteln, anbieten, beherbergen oder annehmen zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, der Ausbeutung ihrer Arbeitskraft oder zwecks Entnahme eines Körperorgans.

Rechtliche Grundlagen Schweiz

Die internationale Definition ist im Palermo Protokoll festgehalten und um einiges umfangreicher. Sie nennt drei Elemente, die kumulativ, also miteinander auftreten müssen: Tathandlung, Tatmittel und Tatzweck.

Bei Kindern gelten die Handlungen zum Zweck der Ausbeutung auch dann als Menschenhandel, wenn keines der aufgeführten Tatmittel eingesetzt wurde. Ihnen stehen nebst denselben Rechten wie Erwachsenen, die von Menschenhandel betroffen sind, im Strafverfahren und auch sonst besondere Rechte zu.

Kinderschutz Schweiz: Online-Handbuch zu «Kinderhandel. Prävention, Identifikation und Betreuung minderjähriger Opfer»

ECPAT Deutschland: Dossier zu Kinderhandel

ACT212: Medienbeiträge zu Kinderhandel

Formen der Ausbeutung

Die mit Abstand am häufigsten vorkommenden und daher auch bekanntesten Formen von Menschenhandel sind die sexuelle Ausbeutung und die Ausbeutung der Arbeitskraft.

Die häufigsten Formen in der Schweiz sind laut der Nationalen Meldestelle folgende: Förderung der Prostitution, Ausbeutung gemäss der Loverboy-Methode, Ausbeutung der Arbeitskraft, Ausbeutung in der (organisierten) Bettelei sowie Zwangsheirat.

Die Charakterisierungen verschiedener Formen auf den folgenden Seiten enthalten zusätzlich landesspezifische Hinweise:

Schweizerische Kriminalprävention SKP

SOlidarity With WOmen in DIstress SOLWODI Deutschland

Erwachsene

Zwangsprostitution (eingeschränkte Handlungsfreiheit, Zwang zu abgelehnten Praktiken, finanzielle Vorgaben, Isolation, etc.)*, pornografische Darstellung sowie die Herstellung pornografischen Materials unter Zwang. Am meisten sind Frauen und Kinder betroffen, aber auch Männer und Transmenschen werden Opfer sexueller Ausbeutung.
*Prostitution ist nicht per se Menschenhandel. Es gibt Menschen, die ohne jemanden im Hintergrund anschaffen. Dementsprechend können sie bestimmte Arbeitsbedingungen selbst gestalten und die Einnahmen für sich behalten.
Die SKP hat in Zusammenarbeit mit ACT212 Hinweise für Freier zusammengestellt, um Anzeichen für mögliche Zwangsprostitution und Menschenhandel zu erkennen.

Loverboys manipulieren ihre Opfer über eine vorgetäuschte Liebesbeziehung, um sie systematisch von sich abhängig zu machen und für ihre Zwecke auszubeuten. Davon betroffen sein können sowohl Teenager als auch Erwachsene.

ACT212: Die Nationale Meldestelle zu Loverboys

Liebe ohne Zwang: Das Präventionsprojekt für Jugendliche

Sandra Norak: Infos aus erster Hand

Allgemein
Arbeitgeber nutzen Menschen als billige Arbeitskräfte aus, indem sie bspw. keinen oder viel zu niedrigen Lohn bezahlen, Versicherungen weglassen, Gewalt anwenden, die Menschen ohne Freizeit am selben Ort arbeiten und leben lassen sowie weitere arbeitsrechtliche Vorgaben missachten. Im Gegensatz zur sexuellen Ausbeutung sieht die Verteilung nach Geschlecht je nach Sektor unterschiedlich aus.

Häufig betroffene Branchen: Minenarbeit, Fischerei, Baugewerbe, Textilindustrie, Landwirtschaft, Gastronomie, Hauswirtschaft, Care-Arbeit

humanrights.ch: Informationsplattform zu Arbeitsausbeutung

ACT212: Medienberichte zur Ausbeutung der Arbeitskraft

Nichtreguläre Sektoren

Organisierte Bettelei und illegale Tätigkeiten wie Drogenhandel oder Diebstahl sind ebenfalls «Branchen», in denen Menschen zur Arbeit gezwungen werden können. Oft drohen den ausgebeuteten Personen harte Bestrafungen seitens der Hintermänner, wenn sie vorgegebene Quoten nicht erreichen.

ACT212: Medienberichte zu organisierter Bettelei

Wer ein Spenderorgan benötigt, wartet und hofft, rechtzeitig ein passendes Organ zu erhalten. Patienten und deren Angehörige sind oft bereit, einen hohen Preis für ein anderes Vorgehen / ihr Leben? zu bezahlen. Illegale Transplantationen mit gekauften Organen sind deshalb ein lukratives Geschäft für die am Gewinn beteiligten Menschen. Die «Spender» hingegen riskieren ohne medizinische Nachsorge ihr Leben und ihre Gesundheit.
Auch hier sind Kinder betroffen, da die Spenderorgane jenen der empfangenden Person möglichst ähnlich sein müssen.

Bundesamt für Gesundheit BAG: Die Schweiz gegen Organhandel

Bei einer erzwungenen Ehe wird mindestens eine der Eheleute gegen ihren Willen verheiratet. Auch Kinderehen stellen eine Form der Zwangsheirat dar, weil die Partner nicht mündig sind. Obwohl auch Männer davon betroffen sein können, sind es hauptsächlich Mädchen und Frauen, die zwangsverheiratet werden.

humanrights.ch: Informationsplattform zu Zwangsheirat

zwangsheirat.ch: Die Fachstelle in der Schweiz

Kinder

Bereits Neugeborene werden Opfer sexueller Ausbeutung, digital und offline. Oft verkaufen Eltern die eigenen Kinder an Freier.
Sexuelle Ausbeutung durch Touristen ist auch in der Schweiz ein Thema. Dieses Fact Sheet enthält Informationen dazu, und Meldungen zu Beobachtungen im Ausland können hier beim fedpol gemacht werden.

clickandstop.ch: Die Meldestelle für sexuelle Gewalt gegen Kinder und Erwachsene

Schweizerische Kriminalprävention : Die SKP zu illegaler Pornographie

Mädchen und Jungen unter 18 müssen Arbeiten verrichten, die nicht altersgemäss sind, ihre physische, seelische oder schulische Entwicklung schädigen, ausbeuterisch sind oder ihre Sicherheit gefährden. Das kann von der Mitarbeit im Familienbetrieb bis zum Einsatz als Kindersoldat:in reichen.

UNICEF: Kinderarbeit weltweit: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Mädchen und Jungen unter 18 Jahren werden rekrutiert oder verschleppt und zum Einsatz in der Armee oder bewaffneten Gruppen gezwungen. Sie werden für Botengänge eingesetzt, als Schutzschild, Kämpfer oder Wächter instrumentalisiert, sexuell ausgebeutet oder zwangsverheiratet.

UNICEF: Kindersoldat:innen in Afrika und weltweit

Netzfrauen: Kindersoldat:innen in Somalia

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA: Schweizer Einsatz für Kindersoldaten

Frauen werden teilweise gegen ihren Willen geschwängert, um Babys für andere auszutragen. Die Neugeborenen werden für illegale Adoptionen, zur sexuellen Ausbeutung oder weiteren Formen der Ausbeutung verkauft.

Einblicke in die Situation in Vietnam und Nigeria

Portrait einer illegalen Adoption aus Sri Lanka in die Schweiz

Zahlen, Daten, Fakten

der Opfer sind weiblich*
0 %
Kinder leisten Kinderarbeit*
0 Mio
kostet ein versklavter Mensch*
0 CHF

Informationen dienen grundsätzlich dazu, etwas besser zu verstehen. Je klarer belegt und benannt werden kann, welche Faktoren zusammenspielen, wer wie betroffen ist, wie die Händler und Käufer vorgehen, wie Menschen befreit und befähigt werden, desto effektivere Strategien können für Prävention, Schutz und Strafverfolgung entwickelt und umgesetzt werden. An verlässliche Zahlen und Informationen zu kommen, ist mit mehreren Herausforderungen verbunden. Statistiken von Behörden oder NGOs enthalten bspw. nur tatsächlich erfasste Straftaten, Urteile, erfolgte Beratungen oder Meldungen. Fälle, in denen nicht genügend Beweise vorliegen oder in denen die Ausbeutung gar nicht erst erkannt wurde, tauchen folglich nicht in diesen Statistiken auf. Deshalb werden weitere Daten verwendet, um ein möglichst akkurates Bild der oft erwähnten Dunkelziffer zu erhalten. Dazu gehören bspw. Erfahrungsberichte von Betroffenen, Aussagen von Händlern, Finanzunterlagen, Beobachtungen aus dem Transportwesen, Berichte von Hilfsorganisationen oder aus dem Migrationsbereich. 

Bundesweiter Koordinationskreis gegen Menschenhandel KOK: Zahlenbeispiele und gelistete Berichte

Persönliche Interessen, unterschiedliche Definitionen und Erfassungsmethoden führen ebenfalls zu verschiedenen Datensätzen. Und schlussendlich sorgen die Interpretationen der Nutzer:innen dafür, welche Aussagen bei der Bevölkerung ankommen. Deshalb ist es uns ein Anliegen, die Fülle an Ressourcen zugänglich zu machen, damit Interessierte sich direkt informieren können. Im Wesentlichen tragen die vielfältigen Informationen jedoch dazu bei, einzelne Aspekte und Perspektiven ergänzend zusammenzutragen, um das Phänomen Menschenhandel immer besser zu verstehen.

International etablierte und als zuverlässig geltende Quellen

CTDC bringt Organisationen zur Bekämpfung des Menschenhandels aus der ganzen Welt zusammen, um Daten über den Menschenhandel auf einer zentralen Online-Plattform öffentlich zugänglich zu machen.

Die IOM unterstützt und führt selbst Datenerhebungen sowie Forschungsarbeiten durch, um der Migrationspolitik Informationen und praktische Wegleitung zu bieten.

Polaris verfügt über den grössten bekannten Datensatz zum Menschenhandel in Nordamerika. Intern durchsuchen wir die Daten nach Mustern und anderen Informationen, die die Grundlage für unsere Pilotprogramme, politischen Entscheidungen und langfristigen Strategien bilden. Und wir stellen die Erkenntnisse aus dem Datensatz anderen in der Forschung, in der Wissenschaft und im Kampf gegen Menschenhandel zur Verfügung. Denn je mehr wir alle wissen, desto schneller können wir dem Menschenhandel ein Ende setzen.

Der Bericht über den Menschenhandel wird jährlich vom US-Aussenministerium erstellt. Er enthält Länderberichte, in denen die erfolgten Bemühungen und Massnahmen im Kampf gegen Menschenhandel in Bezug auf Mindeststandards evaluiert werden.

UNODC bietet eine umfangreiche Sammlung von mehrsprachigen, evidenzbasierten Publikationen, Tools und Handbüchern für die Bereiche Schulung, Bildung, Forschung, Politik und Rechtsreform.